Auch wenn unser Aufenthalt in Quito aufgrund unserer Gemütslage und hinzukommender Verkühlung ziemlich durchwachsen war, wie aus vorigem Artikel bereits hervorgeht, bleibt mir die Stadt an sich in sehr schöner Erinnerung. Der beste Eindruck bietet sich einem – wie so oft – von oben. Der Blick über das Meer von aneinander geschachtelten bunten Häusern, die sich scheinbar endlos über Ebenen und Hügeln dahin ziehen prägt sich besonders ins Gedächtnis ein. Dauerhaft hier zu leben könnte ich mir allerdings allein aufgrund der ständig wechselnden Wetterverhältnisse nicht vorstellen – finde ich sehr anstrengend. Das Positive daran ist aber das Beobachten sagenhafter Lichtspiele und Wolkenformationen. Das offenbarte sich mir sowohl in Quito selbst, wie auch bei dem Quilotoa-Trip, den Bernd für uns gebucht hat.

Ich erscheine frühzeitig zum vereinbarten Treffpunkt – ohne meinen Liebsten (!) und ohne Kaffee intus. Zumindest zweiteres Manko versuche ich zu beseitigen, indem ich mich mit dem letzten verbliebenen Dollar (die Bankomaten haben diesmal keine Kohle ausgespuckt) auf verzweifelte Kaffeesuche begebe. In lokalen Läden kostet ein Cafe negro höchstens einen halben Dollar. Um diese Tageszeit (6:30) finde ich aber nur ein einziges offenes Lokal und das ist ein teurer Tourischuppen mit unglaublich langsamem (wie meistens) und unfreundlichem Personal (wie selten), wo der Kaffee $ 2,70 kostet. Als der Kellner sich auch noch bei seinem Kollegen über mein Spanisch lustig macht, bedaure ich es zutiefst, nicht auf den Ratschlag gehört zu haben für Notfälle zumindest einen Pfefferspray mitzunehmen. Meine Toleranzgrenze liegt seit geraumer Zeit im Minusbereich und angestaute Aggressionen schäumen hoch. Mein Nervenkostüm ist hauchdünn, mein Innerstes sprüht Funken. Den Kellner verfluche ich und sage ihm, er soll sich seinen Kaffee in den Arsch stecken – leider aber nur telepathisch, was natürlich nicht die dringend notwendige Befriedung für meine Aggressionen bringt. Nach diesem Start in den Tag (Anmerkung: die vergangenen Tage haben ähnlich begonnen) bin ich so erschöpft, dass ich mich eigentlich wieder hinlegen könnte. Stattdessen begebe ich mich auf eine ganztägige Tour zu einem Kratersee, die mir von Eugenia, einer Bekannten von Bernd, als mega-anstrengend beschrieben wurde. Der Tourguide erklärt mir auch gleich, ich soll besser keine Zigarette mehr rauchen wegen des harten Ab-und Aufstieges, worauf ich natürlich scheiße. Im Nachhinein kann ich wieder mal sagen, viel Lärm um nichts. Die Leute machen so einen Tamtam wegen 300 Höhenmetern und ein bisschen Luftunterschied. Genauso wie ständig alles als gefährlich beschrieben wird. Jedes Land warnt vor dem nächsten. Hier wird uns wieder erklärt, Peru sei gefährlich. In Panama wurden wir vor Kolumbien gewarnt, in Costa Rica vor Panama usw. Meistens finden die Leute aber auch ihr eigenes Land und ihre Landsleute gefährlich. „Gefahr“ ist ein sehr dehnbarer Begriff und wird von Zeit zu Zeit etwas überstrapaziert.

Dank Bernd bin ich jedenfalls doch noch zu einem Kaffee gekommen (nämlich genau bei besagtem Kellner) und die Fahrt kann losgehen. Wir sind nur zu sechst, alle (außer mir) aus Bernds Sprachschule und sehr nett. Ich scheine als `Bamba´ in der Liste auf und beschließe mich in Zukunft unter diesem wohlklingenden Namen vorzustellen. Es geht zuerst gen Süden bis Latacunga, wo wir dann Richtung Westen abbiegen. Wir machen einen kurzen Halt beim Canon del Rio Toachi und einen etwas längeren beim Markt von Zumbahua. Während wir so durch die Landschaft schaukeln, wird mir – nach vier Tagen in Quito – endlich bewusst, dass ich mich nun tatsächlich mitten in den Anden befinde. Diese Erkenntnis beflügelt mich und ich kann die dreistündige Fahrt bis zur berühmten Laguna Quilotoa genießen. Dort angekommen bietet sich einem ein wunderschöner Blick über die Kraterlagune von beachtlichem Ausmaß (zu groß für den Weitwinkelbereich unserer Kamera :-). Im Gegensatz zu Bernd, der als erster unten ankommt, lasse ich mir viel Zeit und erfreue mich an den faszinierenden Farben der Natur. Sonne und Wolken lassen den See sämtliche Nuancen von tiefem dunkelgrün bis grellem moosgrün durchlaufen. Wieder ein wunderschöner Platz und zu Recht ein beliebtes Ausflugsziel. Unten angekommen, machen wir eine kurze Verschnaufpause, die Bernd dazu nutzt, ins erfrischende Nass von 6° zu hüpfen, wofür er die Anerkennung der gesamten Truppe erntet. Danach schwitze ich mich in meinem Tempo wieder den Hügel hinauf – nicht ohne ein Genesungsaufheiterungsfoto für meinen Liebsten zu machen. Oben gibt’s zur Belohnung ein gutes Mittagessen bevor wir die ca. 120 km retour nach Quito antreten. Die Wiedersehensfreude mit Bronchobaby ist groß und wir drei beschließen den Tag mit indischem Essen. Die darauffolgende Nacht ist geprägt von Husten und Rotzen – jetzt ist´s auch bei mir so weit.