Nachdem wir mit einem Doppeldecker-Nachtbus in 13 Stunden ziemlich komfortabel von Cuenca (Ecuador) nach Chiclayo (Peru) gekommen sind, hat uns diese Beinahe-Millionenstadt erst einmal überfordert. Der Lärm des Verkehrs hat uns förmlich überrollt. Die Taxifahrt mitten in diesem Gewühl, wo alle fahren wie sie wollen, solange nur ordentlich dazu gehupt wird, war unsere erste Mutprobe. Die zweite dann der Fußweg von unserer Unterkunft, dem Hotel Tumbes Reales, zum nächstgelegenen Bankomat, der mehrmaliges Straßenüberqueren forderte. Dank unseres starken Überlebenswillens sind wir unversehrt, mit Geld beladen und mit Essen im Bauch wieder zurück gekommen und haben uns eine Verschnaufpause gegönnt. Ich auf meine Weise mit duschen und lesen, Mr. Katapulsky mit Hilfe von bloggen. Unser Hotel befindet sich dank unseres Taxifahrers, der uns diese Unterkunft anstatt der vom Loneley Planet empfohlenen nahegelegt hat, in einer halbwegs ruhigen Gegend bei einem kleinen Park, sodass wir uns mit einem Bierchen in die Sonne setzten. Nach einer kurzen Planungsphase wagten wir uns dann ein zweites Mal ins Getümmel. Mit dem Kennerblick, der Reisenden zu teil wird, haben wir in all dem Verkehrschaos natürlich trotzdem bei unserem ersten Rundgang die üblichen Dinge sofort ausgecheckt. Bankomat, Wäscherei, Hauptplatz sprich Zentrum, Marktplatz, Essgelegenheiten, Agenturen für Touren und Stadtkarten. Bei Rundgang Nummer zwei waren wir schon wesentlich entspannter, wenngleich noch mehr los war, da Samstagabend. Wir haben eine Tour für den nächsten Tag gebucht und freuen uns, dass es endlich mit dem Prä-Inkareich losgeht.

 

Unser erster Hotspot heute war Sipán mit der archäologischen Stätte Huaca Rayada, welche vom Volk der Moche (100 – 700 n.Chr.) stammt. Hier wurden die Gräber eines Kriegers, eines Schamanen und zweier ehemaliger Herrscher von Sipán entdeckt, dem Senor de Sipan (600 n.C.) und dem Viejo Senor de Sipan (300 n.C.) oder auch tatara tatara tatarabuelo (Urururgroßvater) des Senor de Sipán genannt. Wir sind leider zusammengebrochen, als uns ein Kind, das uns Schmuck verkaufen wollte, dieses Wort vorgeratatat hat. Das besondere an diesen Grabstätten ist – abgesehen davon, dass es sowieso ein Faszinosum ist, so alte Knochen auszubuddeln und dann mit Analysen und Rückschlüssen anzufangen – dass alles brandaktuell ist. Die letzten Funde liegen erst drei Jahre zurück und die Suche geht weiter. Neben den Skeletten fanden sich abertausende von Tontöpfen und Schmuck, welche in dem grandiosen Museum Tumbas Reales de Sipán (vom Loneley Planet sogar als „Weltklassemuseum“ und „ganzer Stolz Nordperus“ beschrieben) ausgestellt sind. Zum ersten Mal fand ich sogar Tontöpfe in Form von Früchten oder Tieren wie Igunas (Leguanen), Búhos (Eulen) und Patos (Enten), als Symbole für die Gottheiten, interessant. Das lag bestimmt nicht nur an dem Museum, sondern vor allem an unserem Tourguide, der mit uns zwei große Fans gewonnen hat. Viel Wissen in einer spannenden und mitreißenden Form wiedergeben ohne auf übliche Floskeln und mäßig lustige Späßchen zurückzugreifen, sachlich und doch ganz lebensnah und mit einer unbändigen Begeisterung für die Archäologie, verdient meinen ungeteilten Respekt und ich wünsche mir mehr von seiner Art. Die großen Männer jener Zeit wurden natürlich nicht nur mit Unmengen von Geschenken in Form von Ton, Muscheln und Gold für das Jenseits beerdigt, sondern als „Mitgift“ in den Tod und das Leben in der Unterwelt opferte man auch gleich ein zwei Lamas und ein bis zwanzig Frauen mit dazu.

 

Nachdem wir uns die Gräber mit Repliken vor Ort und die dazugehörigen Originale im Museum angeschaut haben gab´s Mittagessen in einem Spitzenlokal in Lambayeque, das wir zusammen mit einem Belgier und einer argentinischen Tourismusschulleiterin mit dazugehörigem Chefkoch genossen. Danach ging´s noch zu den Ruinen von Túcume, wo einen ein kurzer Aufstieg mit einem sagenhaften Ausblick belohnt. Außerdem werden einem als angenehmer Nebeneffekt bei der Gelegenheit alle Sünden vergeben. Rund um den Berg verstreut gibt es 26 Pyramiden, die mehr oder weniger nur mehr als Sandhügel zu erkennen sind. Darunter auch das größte antike Bauwerk Südamerikas (720m x 210m), das leider noch nicht zugänglich ist. Seit über einem Jahr wird noch eine letzte Unterschrift erwartet – die Tourismusbranche hofft auf Juli 2013!

Uns gefällt auch diese Wüstenlandschaft, von der wir hier umgeben sind. Es gibt im Jahr fünf Tage Regen. Manch eine/r findet sie vermutlich trist, deprimierend oder einfach nur furchtbar langweilig. Ich lasse einfach Bilder sprechen.

 

Unseren letzten Tag in Chiclayo verbringen wir hauptsächlich auf dem riesengroßen Markt, der ein guter Aufenthaltsort dafür ist, die Zeit totzuschlagen bis der Nachtbus nach Chachapoyas abfährt. Wir müssen lange suchen bis wir die Spezialabteilung, den Mercado de los Brujos, entdecken. Hier findet mensch alles, was es an alternativen Heil-und Hexenkräutern so gibt. Angefangen von Teesorten gegen jedes erdenkliche gesundheitliche Leiden über Totenschädel, Knochen, Kerzen, Cremen, aphrodisierenden Tinkturen bis zu halluzinogenen medizinischen Pflanzen, wie beispielsweise den San Pedro Kaktus. Davon abgesehen gibt es hier auch wirklich ALLES andere und zwar von früh bis spät. Ein belebter, geschäftiger und faszinierender Ort.