Wir haben per Bus die Seite gewechselt und befinden uns nun zwar in Bolivien aber immer noch am Titicacasee. In Copacabana, so heisst der Ort angekommen, steigen wir sofort aufs nächste Boot und lassen uns zur Isla del Sol bringen, von der wir öfter gehört haben, dass es hier herrlich ist. Nach gut eineinhalb Stunden Fahrt in Zeitlupe (die müssen hier eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf dem See haben), stehen wir am Steg der Insel und sehen ängstlich dem steilen Hügel entgegen, der zum Dorf hinaufführt. Wir haben unser komplettes Gepäck mit und der Weg nach oben ist die Hölle. Also checken wir für die erste Nacht beim erstbesten Hostal ein, das ein Zimmer frei hat. Dummerweise befinden wir uns aber auf der Ostseite der Insel und so ist bald die Sonne weg und, Überraschung, es wird wieder saukalt. Bevor uns der Schlaf einholt wandern wir aber noch nach oben und sofort ist klar, dass wir morgen da rauf übersiedeln.

Der Aufstieg am nächsten Tag klappt ganz gut, das einzige was die Sache verkomplizert sind die unzähligen Esel mit ihren FührerInnen welche Insel auf und Insel ab unterwegs sind um alles was man brauchen kann, vorallem aber Wasser in Kanistern zu befördern. Dazu möchte ich zwei Dinge anmerken: 1. Esel sind total nette Tiere, 2. Esel stehen prinzipiell im Weg. Egal, wir kommen oben an und bekommen ein Zimmer in der, unserer Meinung nach, besten Unterkunft der Insel. Der restliche Tag vergeht indem wir zu einem Aussichtspunk gehen und später ein Abendessen an einem Platz geniessen, der unbezahlbar ist. Das Essen, zwei Menüs mit leckerer Quinua-Suppe, fantastischem Fisch, Bananen mit Schockosauce und einer Flasche Wein kostet €11.-

Heute geht’s zum Grund unseres Aufenthaltes hier – der Wiege der Inkas, welche hier zu finden sein soll und nebenbei auch dem Geburtsort der Sonne. Mit einer Flasche Wasser, zwei Broten vom Frühstück und einer Dose Sardinen bewaffnet, machen wir uns auf den Weg, der uns länger beschäftigen sollte, als wir naiv angenommen haben. Nach gut zwei Kilometer kommen wir zur Mautstelle, wo uns auf einer Karte bewusst wird, dass wir noch acht Kilometer, ständig bergauf-, bergab zu wandern haben und das auf über 4000 Meter. Wir sehen kurz auf die Uhr und stellen fest, dass sich das mit gut Glück bis zum Sonnenuntergang ausgehen sollte. Der wunderschöne Weg führt uns durch einen Wald und unzählige Hügel in den Norden der Insel. Die ganze Zeit haben wir diesen tiefblauen See im Blick, die Aussicht ist gewaltig. Immer wieder glauben wir, dass auf dem nächsten Hügel unser Ziel zu erkennen ist aber nach acht Kilometer kommen wir zu einer weiteren Mautstelle , um festzustellen, dass wir noch eine Stunde weiterlatschen müssen, was wir natürlich tun. Letztendlich finden wir die Wiege der Inkas hauptsächlich deswegen, weil Baby irgendwann einheimische Frauen fragt, wo denn der gottverdammte Steinhaufen zu finden ist. Die Antwort: genau da. Genau da ist in diesem Fall wirklich schön, denn es liegt in einer Senke vor dem letzten Hügel, bei dem wir angenommen haben, dass wir da auch noch rauf müssen. Wenig später, nachdem es mir gelungen ist die Sardinendose aufzumachen, picknicken wir in der Wiege der Inkas und fühlen uns sehr wohl. Meine Güte, das wär ein super Plätzchen, wenns am Abend nicht so frostig werden würde. Lebenserhaltungskosten quasi null (im Vergleich zu Europa ), Schafe, Esel, Alpacas und jede Menge Sonne. Nach einer halben Stunde ist der Spuk vorbei, denn wir haben das Gefühl, dass wir uns auf den Rückweg machen sollten. Noch etwas vor Sonnenuntergang kommen wir vom Geist der Inkas bestärkt in unserer Unterkunft an und stellen beeindruckt fest, dass wir gute 18 Kilometer gelatscht sind. Für professionelle Bergsteiger ein Witz, für uns eine schöne Leistung.

Wir bleiben noch einige Tage auf der Insel, sitzen auf Felsen über dem See mit Brot und Wein, reden viel über unsere Reise, sind sehr zufrieden damit und „wer hat an der Uhr gedreht“, stehen wir in Copacabana auf einem Balkon und sehen uns das wahnsinnige Treiben auf der Straße unter uns an. Hier mal wieder eine Erkenntnis: In Europa wird nicht gefeiert – in Südamerika wird gefeiert – nämlich das ganze Jahr. Es ist oft schwer herauszufinden, was eigentlich gerade gefeiert wird und so komme ich zu dem Schluss, dass sich die Leute hier einfach selber feiern.

Über Copacabana gäbs noch viel zu erzählen, wie dass hier Bleigiessen einen großen Stellenwert hat, dass das Warensortiment auf dem Markt sehr vielfältig ist (es gibt auch Lamaföten mit Zuckern und Schockolade auf einem Geschenksteller) und und und aber irgendetwas müssen wir uns ja auch zum erzählen für zu hause aufsparen.