Nachdem wir uns in Cusco noch drei Nächte ein Zimmer mit Heizung geleistet haben, geht’s weiter Richtung Süden zum Titicacasee. Eigentlich als übersichtlicher Stopp geplant, bleiben wir hier über eine Woche in zwei Ländern.

Erster Stopp Puno, wo wir uns erstmal aklimatisieren, schliesslich liegt dieser riesige See auf 4000 Meter und gilt als höchster, schiffbarer See der Welt. Unser Aklimatisierungsprogramm beinhaltet einen netten Spaziergang auf zwei Aussichtspunkte über der Stadt. Hier hat man nicht nur einen grandiosen Ausblick, sondern es gibt auch eine betonierte Rutsche, die wir natürlich ausprobieren. In der Stadt zurück, stürmen wir zuerst die Reggae-Bar, wo wir die Happy-Hour mit Picso Sours nutzen. Nachdem ich in Cusco Alpacafleisch schätzen gelernt habe, möchte ich auch hier sowas Leckeres haben aber heute gibt’s leider nur schlechte Pizza.

Am nächsten Tag begeben wir uns auf eine zwei Tagestour über den See, welche uns zuerst zu den schwimmenden Inseln bringen soll. Vor Puno liegt nämlich quasi noch eine Stadt, welche auf Schilf gebaut ist und schwimmt. Wie gesagt, die Tour soll uns da hin bringen, stattdessen legen wir nach einiger Zeit bei einer von zwei kleinen schwimmenden Inseln an, welche offensichtlich für Touristen inszeniert sind. Die eigentliche schwimmende Stadt bekommen wir nicht zu sehen, die Uros haben offensichtlich von der Touristenshow die Schnauze voll. Macht nichts, wir bekommen trotzdem erklärt, wie die schwimmenden Plattformen gebaut werden, dass sie alle drei Wochen grundsaniert werden müssen, indem eine neue Lage Schilf draufgeklatscht wird, welche vier Fischsorten es im Titicacasee gibt, dass es auf jeder Insel einen Chef gibt, man Schilf auch essen kann, Solarstrom in die Hütten Einzug gefunden hat und dass die Leute hier gerne den Touristen etwas verkaufen. Ach ja, hab ich schon erwähnt, dass mich unser Guide ein wenig an den dicken Otto vom Bootcamp Nasca erinnert?

Weiter geht’s zu Insel Amantani, wo wir heute bei einer Familie übernachten werden. Nach dem wir unser winziges Zimmer bezogen haben, steht die Besteigung des Patchatata an, des Sonnenuntergangs und der Aussicht wegen. Wir lehnen dankend ab und setzen uns lieber mit zwei Holländerinnen vor das einzige Geschäft der Insel, welches praktischerweise unserem Hausherren gehört und trinken ein paar Bier. Die Nacht ist kalt aber der Sternenhimmel sensationell. Nun folgt wieder ein Programmpunkt, der so wie er passiert ganz und gar nicht nach unserem Geschmack ist. Zuerst erzählt uns der Vater des Hauses aus seinem Leben, das nach unseren, europäischen Vorstellungen unfassbar schwer war (und ist). Dann erzählt er uns dass später noch ein Fest im Dorf ist. Dort kommen fast keine Touristen hin. Wir können aber gerne kommen, sollen uns aber in die peruanische Inseltracht schmeißen, welche er uns gerne zur Verfügung stellt. Eine Stunde später stehen wir peruanisch aufgemotzt in dem „Festsaal“ und stellen fest, dass hier fast nur Touristen sind. Anschließend spielt die peruanische Band mit dem festen Vorhaben uns alle zu belustigen. Es wird zwangsgetanzt und es werden die obligatorischen Zwangsgruppenfotos geschossen. Wir sind schneller weg, als unser Führer „noch einen Tanz“ rufen kann.

Der nächste Tag beginnt in der rustikalen Küche unserer Unterkunft., die ich nur in Form der Fotos halbwegs wiedergeben kann. Was ich hier sehe, ist etwas was ich auch erleben wollte. Es ist für mich die absolute Steigerung von idyllisch, nämlich archaisch. Wir sitzen im vorderen Raum, nachdem sich so ziemlich jeder an dem unfassbar niedrigen Türstock die Birne angeschlagen hat – sogar Baby muss sich bücken. Es ist so kalt, dass der Dampf vom Tee mit der einfallenden Sonne das Räumchen in ein bezauberndes Licht taucht. Dahinter gibt’s noch einen weiteren Raum auf dessen Boden zwei Frauen unbestimmbaren Alters sitzen und so etwas ähnliches wie Kartoffeln schälen. Baby nutzt die Gelegenheit, fragt artig ob sie ein Foto machen darf und bevor das Töchterchen irgendetwas fotogerecht aufräumen kann, schiesst Baby DAS Foto unserer Reise. Es wirkt für mich wie ein Gemälde aber beurteilt das am besten selbst!

Nun steht die Besteigung des zweiten Berges an, wieder der Aussicht wegen und ratet mal, wir sind nicht dabei genauso wie die zwei Holländerinnen. Stattdessen werfen wir uns nochmal in die wirklich hübsche peruanische Schale und haben viel Spass dabei über die Insel zu schlendern und lustige Fotos zu machen. Es war Babys Idee und die bringt wirklich eine schöne Portion Leichtigkeit in unseren anstrengenden Bildungsalltag.

Nach dem Mittagessen (um 11:00), welches aus Kartoffeln, die wie Urwaldmaden aussehen und Quietschkäse besteht, bringt uns das Schiff wieder nach Puno, wo wir uns mit den Holländerinnen betrinken. Übrigens sehr nett:: die zwei spiegeln genau den Eindruck von Holland wieder, den wir aus unseren vielen Besuchen dort gewonnen haben. Die zwei sind Tante und Nichte. Nichtchen hat die Reise zum 18. Geburtstag von Tantchen geschenkt bekommen. Während die Nichte die bürgerliche, brave Bevölkerungsschicht verkörpert und behauptet nur drei Mal einen Joint geraucht zu haben, ist Tantchen tief in der alternativen Schicht verwurzelt, mag gerne Bier, arbeitet beim TÜV und hat mit ihrem Freund einen Bauernhof in Deutschland, wo sie einmal im Jahr ihre Motorradfreunde zu einem fetten Fest einlädt.