Nach dem Besuch von Sipan und Tucume haben wir gelernt, dass Pyramiden nicht zwingenderweise präzise, steinerne Gebäude sein müssen. Hier geht meine Bildungsreise diesbezüglich in die nächste Runde. Die Völker der Chimu und Moche hatten nämlich keine Felsbrocken zum Bau ihrer Städte zur Verfügung und so verwendeten sie Lehmziegel, welche nicht zur Konstruktion eines „ewigen Reiches“ geeignet sind. Wieder latschen wir durch eine Wüstenlandschaft aber unsere mitlerweile geschulten Augen erkennen, dass wir hier nicht von Sandhügeln sondern von Gebäuden der Stadt Chan Chan eindrucksvollen Ausmaßes umgeben sind. Viele Besucher Perus konzentrieren sich auf den Süden und Machu Pichu mit den beeindruckenden Steinmetzarbeiten der Inkas und ich bin froh, dass wir die Zeit haben, uns auch den Norden anzusehen. In den restaurierten Stadtteilen finden wir eine grosse Zahl von Strukturen, welche sehr bildhaft unter anderem Fische und Fischernetze darstellen. Der Teil, den wir besichtigen, diente hauptsächlich zu spirituellen Zwecken und als Grab für den damaligen Obermotz. Irgendwie hätte ich derartige Bauten eher im arabischen Raum vermutet, als in Peru. Hier lebten 200000 Menschen und sie bauten ihre Stadt innerhalb von 200 Jahren.
Nächster Tag, ich liege im Bett und denke auch gar nicht daran aufzustehen, denn ich muss mich am Gocta Wasserfall wiedermal kräftig verkühlt haben. So schicke ich Baby alleine los nach Huaca Esmeralda und Huaca Arco Iris, was Regenbogen bedeutet und sich in den rekonstruierten Reliefs auch gut zeigt. Der Regenbogen war den Inka heilig und ist auch heute noch in Form der Regenbogenflagge in diesen Gegenden immer wieder sichtbar – sie gleicht jener der Schwulenbewegung, ist aber doch nicht gleich. Beide Stätten sind relativ klein und lassen sich zügig erledigen. Allerdings ist es ein ziemlicher Latsch von dort nach da und so ist sie doch den ganzen Nachmittag unterwegs.
Am letzten Tag in Trujillo stehen zwei weitere Ausgrabungsstätten auf dem Programm: Huaca de la Luna y Huaca del Sol. Die Pyramiden von Mond und Sonne. Erstere erbaut zu spirituellen Zwecken, zweitere zur Administration und Rechtssprechung. Ich bin beim Eingang eher mittelmässig begeistert, denn die Anlage sieht von Aussen genauso aus wie Chanchan – zerbröselte Lehmziegel, Sandhaufen wiedermal. Die gute Führung bringt uns jedoch schrittweise an die Besonderheiten dieser Örtlichkeit heran und als ich vor den ersten, original erhaltenen, bemalten Reliefs stehe bin ich beeindruckt. Die Bewohner damals hatten ja keine Skrupel klein anzufangen, indem sie mal die erste Ebene errichtet haben. Später wurden mehrere weitere einfach darüber gebaut. Die ArcheologInnen machen sich nun einen Spass daraus, das Ganze umzudrehen und nach unten zu graben. Für den Besucher präsentieren sich nun Jahrhunderte von Geschichte in meterhohen Reliefs, welche verschiedene Gottheiten in den damals angesagten Farben zeigen. So weit so gut. Die Führung bringt uns weiter zurück in die Vergangenheit und letztlich stehen wir vor einer geschätzt 20 Meter hohen Aussenmauer, welche die komplette Geschichte dieser Stätte zeigt. Wir sehen Krieger, Gottheiten und Symbole, alles in den Originalfarben der damaligen Epoche. Jeder, der mich kennt, weis wie sehr ich auf die Pyramiden der Mayas in Mexico abfahre aber ich muss sagen, das was ich hier entdecke, haut mich schon aus den Socken, denn weder in Mexico noch in Kambodja habe ich bisher so gut erhaltene farbige Reliefs gesehen. Baby ist normalerweise bei unserern Besichtigungen hoch konzentriert und häufig sogar mit Block und Stift zugegen, um möglichst viel von Gesehenem und Gehörtem behalten zu können. Heute ist es anders, denn sie wird von einer kleinen Peruanerin namens Tajana permanent abgelenkt bis sie beschließt sich eher auf diese als die Ruinen einzulassen. Die beiden haben eine nette Zeit. Nach dem Besuch dieser Ausgrabungsorte kann ich sagen, dass diese Städte damals fantastisch ausgesehen haben müssen! Auch wenn ich mich auf Machu Pichu freue, bin ich froh, hier im Norden Perus eine völlig andere Kultur und Bauweise der Inkas entdeckt zu haben. Morgen gehts mit dem Bus nach Lima, der Hauptstadt Perus.